Bundesweiter Protesttag

Am 14. Juni 2023

Warum haben wir gestreikt

Zusammenfassend kämpfen wir für die Versorgung vor Ort, die nur durch weniger Bürokratie und bessere Bezahlung sichergestellt werden kann. Ziel ist es, genug mediales Echo zu bekommen, dass die Politik sich mit den Problemen befasst.

Steigende Bürokratie erschwert unsere Arbeit. Wir haben zu viele Regularien, die uns massiv beschäftigen und uns auch starr und unflexibel in der Versorgung machen.
Die Krankenkassen nutzen die obigen Regelungen, um bei kleinsten Fehlern gegen uns zu agieren. Abgegebene Medikamente werden nicht erstattet, weil ein formeller Fehler gemacht wurde. Die Erleichterung dieser Regeln wird stetig von den Krankenkassen boykottiert. Nur durch die Corona Pandemie gab es vorübergehende Erleichterungen, die aber leider wieder auslaufen.
Die Bezahlung der Apotheken ist auf demselben Stand wie 2013. Es gibt also seit 10 Jahren keine Erhöhung, trotz gestiegener Kosten und Inflation.

Dass die Apotheken von steigenden Preisen profitieren würden, ist nicht die ganze Wahrheit. Wir erhalten für unsere Arbeit 8,35€ pro Arzneimittel, die jedoch von den Krankenkassen bereits mit 2€ zwangsrabattiert werden, sodass 6,35€ pro rezeptpflichtigem Arzneimittel übrig bleiben.
Die 3% Aufschlag auf den Einkaufspreis sind kein Ertrag, sondern dienen lediglich der Finanzierung (steht auch im Gesetz so drin), da wir Arzneimittel bevorraten müssen (totes Kapital) und bei teuren Arzneimitteln durchaus in Vorkasse gehen (Rechnung wird erst im Folgemonat von den Krankenkassen beglichen). Bei steigenden Zinsen ist das für die Apotheke unvorteilhaft (höhere Finanzierungskosten bei höherem Anreiz, Kapital anzulegen. Wenn ich 5% Zinsen aufs Sparbuch bekomme, habe ich mehr davon, als wenn ich 3% von der Krankenkasse bekomme für mein finanziertes Arzneimittel)
Die Querfinanzierung durch freiverkäufliche Arzneimittel wird durch Kampfpreise der Online-Versandhäuser (Versandapotheken) erschwert.

Apotheken können ihren Mitarbeitern aufgrund der ständig sinkenden realen Erträge keine angemessene Vergütung zahlen. Daher wandern Fachkräfte in andere Berufszweige (Industrie, Ämter, Krankenkassen, usw.) ab. Die Folge ist ein Fachkräftemangel, der die Apotheken bei dem oben erwähnten Arbeitsaufwand immer mehr zum Aufgeben zwingt.

Im Taunus ist das Problem noch nicht angekommen, aufgrund der hohen Finanzkraft am Standort und der hohen Ärztedichte. Wir demonstrieren aber für ganz Deutschland. Deutschland liegt mit 23 Apotheken pro 100.000 Einwohner im letzten Drittel der Apothekenversorgung in Europa. Der Durchschnitt in Europa sind 32 Apotheken pro 100.000 Einwohnern.

Wir haben mittlerweile unter 18.000 Apotheken in Deutschland. Damit ist das der tiefste Stand seit 40 Jahren. Allein dieses Jahr haben bereits über 300 Apotheken geschlossen.

Ein Informationsblatt zum bundesweiten Protesttag der Apotheken am 14. Juni 2023 und die Gründe für den Protest.

Argument:

„Während Corona haben die Apotheken sich dumm und dusselig verdient“
(wird gerne in den Medien angeführt)

Einige haben gut verdient. Aber dafür wurde auch gearbeitet. Es war immer geöffnet, die Mitarbeiter/innen waren einen ständigen Gesundheitsrisiko ausgesetzt, es wurden zusätzliche Leistungen gestemmt, die natürlich auch vergütet werden mussten (Maskenbeschaffung und -verteilung, Herstellung von Desinfektionsmitteln, Ausstellen von Zertifikaten, durchführen von Corona Tests, usw.). Arbeit darf vergütet werden. Die Vergütung war auch gut aber der Einmaleffekt hat kaum den Investitionsstau der letzten 10 Jahre auffangen können.

Argument:

„Pflege verdient schlechter“
(kürzlich gefallen durch unseren Gesundheitsminister persönlich)

1. Sachlich falsch. Laut Medikarriere.de verdient eine Pflegefachkraft im Durchschnitt 3645€ Brutto. Ein/e PTA verdient, laut Tarif, nach 15 Berufsjahren 2783€ Brutto. Ein/e Apotheker/in verdient, ebenfalls laut Tarif, im ersten Berufsjahr 3582€ Brutto (wohlgemerkt nach einem mind. 4-jährigen Studium plus 1-jährigen PJ, während die Pflegekraft eine Ausbildung mit Vergütung erhält). Nach 11 Jahren ist das Apothekergehalt laut Tarif bei 4343€ Brutto, was nicht viel höher als das Gehalt einer examinierten Pflegefachkraft mit 3807€ Brutto ist.

2. Diese Vergleiche sind nicht zielführend. Nur weil ein Bereich im Gesundheitswesen unterfinanziert ist, ist das doch kein Argument einen anderen genauso schlecht oder noch schlechter zu finanzieren.

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